Leipzig wird immer beliebter

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München ist zu teuer, Hamburgs Szene kommt in die Jahre, selbst um Berlin wird es ruhiger. Leipzig erlebt dagegen einen beeindruckenden Aufschwung – aus mehreren Gründen, wie unsere Daten zeigen.

Noch liegen in den Ranglisten fast immer jene Städte ganz vorne, die den größten Teil ihrer Erfolgsgeschichte eigentlich bereits hinter sich haben. München ist auf dem Gipfel des Wohlstands angekommen, in Ingolstadt oder Wolfsburg strotzt der Arbeitsmarkt schon seit längerer Zeit vor Kraft.

Und in Berlin scheint der Zustrom neuer Bürger zwar noch anzuhalten, doch Skeptiker meinen ein Abflauen des Hauptstadt-Hypes beobachten zu können.

Was aber ist mit jenen Orten in der zweiten Reihe, die ihre Entwicklung noch vor sich haben? Eine Stadt sticht hier ganz besonders hervor: Leipzig, kreisfreie Stadt in Sachsen und erst seit wenigen Jahren die auffälligste unter Deutschlands Großstädten. Die Stadt strotzt vor Selbstbewusstsein, und das liegt nicht nur am 1000-jährigen Jubiläum der Ersterwähnung, das in diesen Tagen gefeiert wird.

Man kann nicht wirklich von Wohlstand sprechen, wenn bis vor drei Jahren noch 25 Prozent aller Haushalte Gefahr liefen, unter die offizielle Armutsgrenze zu fallen. Doch seit einiger Zeit legt Leipzig eine beeindruckende Aufholjagd hin. Einige Daten und Fakten zeigen deutlich, woran das liegt.

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Ein von Ecken und Kanten in Leipzig (@leipzig_city) gepostetes Foto am

Leipzig wächst noch mindestens 15 Jahre

Innerhalb der nächsten 15 Jahre wird die Bevölkerung Leipzigs um knapp zehn Prozent wachsen. Selbst Berlin kommt an eine solche Quote kaum heran. Rund 35.000 Menschen kamen 2014 nach Leipzig. Die Wegzüge abgezogen, blieb immer noch ein Plus von 13.000.

Die Stadt ist selbst von dem enormen Zuzug überrascht, wie aus dem jüngsten statistischen Quartalsbericht hervorgeht. „Die Messestadt wächst schneller als bisher prognostiziert“, hieß es da. Ende 2014 hatte Leipzig 5137 mehr Einwohner als unter den positivsten Vorzeichen angenommen.

Erstmals seit 50 Jahren ein Geburten-Überschuss

Die Leipziger konnten im vergangenen Jahr eine demografische Sensation feiern: Es gab deutlich mehr Geburten als Todesfälle.

So etwas gibt es zwar auch in Ausnahmegemeinden auf dem Land, wo für gewisse Zeiträume überdurchschnittlich viele junge Familien wohnen. Nicht jedoch in einer deutschen Großstadt.

„Selbst jene Experten, die sich professionell mit dem Wohnungsmarkt beschäftigen, haben mit einer solchen Dynamik nicht gerechnet“, sagt Hardo Kendschek, Geschäftsführer der Marktforschungsgesellschaft Komet-Empirica Leipzig. Das letzte Mal hatte es im Jahr 1965 einen Geburtenüberschuss in Leipzig gegeben.

Wohnen ist in Leipzig, abgesehen von einigen Flecken in der City, so günstig wie in keiner anderen Universitätsstadt. Die Durchschnittsmiete liegt bei 5,70 Euro pro Quadratmeter. „Leipzig hat immer noch sehr hohe Leerstände, teilweise 20 Prozent“, erklärt Reiner Braun, Wohnungsmarktexperte und Vorstandsmitglied des Beratungsunternehmens Empirica.

Leipzig sei heute deshalb „wie ein kleines Berlin“. „Das sind Keimzellen für eine bestimmte Szene wie in Prenzlauer Berg im Berlin der 90er-Jahre.“ Sein Kollege Kendschek bezeichnet seinen Heimatort deshalb auch als „Schwarmstadt“: „Die jungen Leute ziehen hierher. Viele wohnen in der Stadt und arbeiten im Umland.“

Immer mehr neue Jobs

Das wird nicht mehr lange so bleiben. „Bis vor wenigen Jahren hatte Leipzig noch den Titel „Armutsstadt Sachsens“, sagt Kendschek, „Die Arbeitslosenquote war lange Zeit eine der höchsten im Bundesland.“

Das hat sich gründlich geändert. Während in Leipzig die Zahl der Erwerbstätigen 2014 um 5,27 Prozent stieg, waren es im übrigen Bundesland Sachsen nur 3,14 Prozent. Der gesamtdeutsche Zuwachs lag bei 0,9 Prozent.

Ein Grund sind die großen Arbeitgeber, die sich innerhalb kürzester Zeit in Leipzig angesiedelt haben, etwa Porsche, DHL oder BMW. Der Immobiliendienstleister Aengevelt hält fest: „Leipzig wächst auch weiterhin, das trifft sowohl auf die Wirtschaft als auch auf die Bevölkerungszahl zu.“

Niedrige Steuern locken Firmen nach Leipzig

Nicht zuletzt die niedrigen Steuern dürften viele Unternehmen angelockt haben. Der durchschnittliche Gewerbesteuer-Hebesatz liegt deutlich unter dem der meisten anderen Großstädte.

Bei der Grunderwerbsteuer profitiert Leipzig von der investitionsfreundlichen Landespolitik. Während Bundesländer wie das Saarland oder Berlin, aber auch Hessen und Nordrhein-Westfalen die Steuer auf den Immobilienkauf auf 6 oder sogar 6,5 Prozent angehoben haben, beließ Sachsen diesen Steuersatz auf dem alten Niveau von 3,5 Prozent – und steht mit dem Freistaat Bayern damit bundesweit alleine da.

Funktionierender Flughafen als Erfolgsfaktor

Leipzig war jahrhundertelang ein wichtiger Knotenpunkt für den Handel, sowohl in West-Ost- als auch in Nord-Süd-Richtung. Schon immer ließen sich hier die Händler nieder. Die Messe ist eine der ältesten in Deutschland.

Heute will man daran anknüpfen, und die Stadt setzt alles daran, die Infrastruktur dafür bereitzustellen. Das Nahverkehrsnetz wurde aufwendig modernisiert.

Und nicht zuletzt der Flughafen Leipzig/Halle entwickelte sich zu einem wichtigen Drehkreuz. Für Frachtflüge ist er 24 Stunden am Tag geöffnet. Zwischenzeitlich war der voll funktionstüchtige Flughafen sogar als Ersatz-Airport für den Hauptstadtflughafen BER im Gespräch.

Das führte zu einem sprunghaften Anstieg des Frachtaufkommens und zur Ansiedelung weiterer Logistiker, etwa Amazon. Nicht zuletzt die Autobahnanbindung in alle Himmelsrichtungen zählt als Argument für eine Niederlassung solcher Unternehmen.

Die Fahrzeit nach Berlin ist kurz, und eine neue Bahn-Hochgeschwindigkeitstrasse in den Süden der Republik steht kurz vor der Eröffnung. Für Landrat Michael Czupalla (CDU) vom Landkreis Nordsachsen ist deshalb klar: „Die Logistikbranche ist in jedem Fall als Wachstumsbranche und als Wirtschaftsmotor zu betrachten.“

Der schönste Großstadt-Bahnhof Deutschlands

Wer mit der Bahn unterwegs ist, kommt besonders gerne in Leipzig an, wie eine Umfrage belegt. Der Hauptbahnhof ist bei Reisenden der beliebteste in Deutschlands Großstädten.

Insgesamt profitiert Leipzig von einer städtebaulich intakten Innenstadt. „Dabei war die City nach der Wende erst einmal der Verlierer“, erinnert sich Empirica-Experte Kendschek. „In den 90er-Jahren wurden viele Flächen zunächst im Umland entwickelt. In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Einzelhandelsflächen in der Innenstadt allerdings verdoppelt.“

Sonne wie am Mittelmeer

Und auch das mag für manche Bewohner ein Argument für Leipzig sein: Die Sonne scheint. Und zwar länger als in vielen anderen Großstädten Deutschlands.

Sogar häufiger als in Dresden. Das sehen die Leipziger besonders gern. Denn ihre Mentalität, so betont es Marktforscher Kendschek, werde nicht nur von einem liberalen Wirtschaftsverständnis geprägt. Sondern auch von einem skeptischen Blick in Richtung Landeshauptstadt.

„Dresden und Leipzig trennen Welten“, so Kendschek. „Ein altes Sprichwort besagt: „In Chemnitz wird das Geld erarbeitet, in Leipzig wird es vermehrt, und in Dresden wird das Geld ausgegeben.“

Wobei sich das mit dem Regieren aus seiner Sicht eines Tages sogar ändern könnte: „Wenn es doch noch zu einer Fusion der Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt kommen sollte – Leipzig wäre die geborene Landeshauptstadt.“

Quelle: https://goo.gl/BrU6B5

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  1. Doris sagt:

    Leipzig ist tatsächlich eine sehr schöne Stadt. Freut mich, dass die Entwicklung so positiv ist.

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